Wissenswertes zum Baurechtsvertrag

Was wurde verhandelt und was offenbar nicht?

Der Gemeinderat hat im Zuge der Sitzung vom 22. Mai 2019 im Tagesordungspunkt 44 dem Abschluss eines Baurechtsvertrags zugestimmt. Dieser Vertrag sollte die Nachnutzung des denkmalgeschützten Gebäudes »Alte Schule« für die nächsten einhundert Jahre regeln.


Insgesamt ist festzuhalten, dass der gegenständliche Baurechtsvertrag in der vorliegenden Form gemäß unserer Auffassung erhebliche Risiken für die Gemeinde Hornstein birgt! Dieser Befund wird u.a. durch Unterlassung entsprechender Absicherungsklauseln, was die Ausschließung einer Belastung des Baurechtes durch Hypotheken Dritter betrifft, erhärtet.

Wir haben die Inhalte des Vertrags geprüft. Entsprechend der Meinung des Bgm. Mag. Christoph Wolf, M.A. sehen auch wir keine groben formellen vertragsrechtlichen (juristischen) Fehler. Wir gehen von einem positiven Bescheid der Gemeindeaufsichtsbehörde aus, sollte dies noch nicht geschehen sein.

Der Vertrag offenbart weniger juristische, aber inhaltliche Mängel!

Ob ein Vertrag zum Nachteil eines Vertragspartners ist (die Gemeinde!), ist durch die Behörde wohl nicht zu bewerten.

Es offenbaren sich uns allerdings erhebliche Mängel im Nachhaltigkeitsbewusstsein des Bürgermeisters!

Der Vertrag, in der uns vorgelegten Fassung, fällt gemäß unserer Meinung in vielen Punkten zum Nachteil für die Gemeinde Hornstein aus! Die Verantwortung über eine lösungsorientierte und gestaltende Auseinandersetzung über eine alternative inhaltlichen Nutzung des Gebäudes, ganz im Sinne einer gemeinschaftlichen Verwendung (O-Ton Bgm. Wolf), wurde mit diesem Vorgehen keineswegs übernommen.

Stattdessen wurde dieser de-facto-Verkauf der denkmalgeschützen Immobilie als politischer Erfolg verkauft.

Unsere Ansicht nach ist es das keineswegs. Viel eher wurde hier der Baurechtsnehmer (Neue Eisenstädter) bevorteilt, wohl zum Nachteil der Gemeinde.

Dementsprechend wäre aus Sicht der IZH eine Neubehandlung der Causa »Alte Schule« im Gemeinderat unbedingt erforderlich, um eine neuerliche Diskussion über die Zukunft der »Alten Schule« mit möglichen Alternativnutzungen im Interesse der Gemeindebürger durchzuführen, wie sie in der dem Bürgermeister samt Gemeindevorstand übergebenen von 265 Personen unterfertigten Petition der IZH eingefordert worden ist. Diese Forderung haben wir in unserem offenen Brief an den Bürgermeister erneuert!

Wir haben wesentliche, aus der Einsichtnahme des Baurechtsvertrags abgeleiteten Erkenntnisse als FAQs formuliert.

Nach Baurechtsgesetz RIS (Fassung vom 11.10.2019)

§ 1.
(1) Ein Grundstück kann mit dem dinglichen, veräußerlichen und vererblichen Rechte, auf oder unter der Bodenfläche ein Bauwerk zu haben, belastet werden (Baurecht).

(2) Das Baurecht kann sich auch auf Teile des Grundstücks erstrecken, die für das Bauwerk selbst nicht erforderlich, aber für dessen Benützung vorteilhaft sind.

Im Baurechtsvertrag in der vorliegenden Form ist völlig offen, in welcher Form der Baurechtsnehmer im Zuge der Sanierung des Gebäudes dieses zu nutzen gedenkt.

Es wird in den Informationen des Bürgermeisters Mag. Christoph Wolf, M.A. davon gesprochen, dass im Gebäude 4 bis 5 Wohnungen errichtet werden sollen. Diese Wohnungen können im Rahmen des Baurechts vermietet, in weiterer Folge aber auch ins Wohnungseigentum übertragen werden!

Wie mit dem durch den Baurechtsnehmer eingerichteten Eigentum nach Beendigung des Baurechts umgegangen wird, ist in der österreichischen Rechtslage ungeklärt! Das heißt, dass die Gemeinde auch nach Erlöschen des Baurechts in 100 Jahren keine Verfügungsgewalt über die eingerichteten Wohneinheiten hat, wodurch sich unsere Annahme, wonach die Baurechtslösung de facto einem Verkauf der Alten Schule an zukünftige Wohnungseigentümer entspricht, erhärtet.

Aus unserer Sicht wäre die von der Neuen Eisenstädter (Baurechtsnehmer) erbrachte Vorauszahlung von €150.000 für den Erwerb der Liegenschaft, auf dem das vormalige Kaufhaus Forster samt dem ehemaligen Gebäuden der Raiffeisenkasse und der Milchgenossenschaft stehen, aufzubringen.

Falls diese Gebäude auch bei einem Ausstieg aus dem Baurechtsvertrag abgerissen werden sollten, müsste dies ebenfalls von der Gemeinde finanziert werden.
Natürlich müsste die Sanierung des Gebäudes der »Alte Schule« auf Gemeindekosten erfolgen. Dies wäre sicherlich eine nicht unerhebliche Summe Geldes, die hier aufzubringen wäre. Hier versucht Bgm. Mag. Christoph Wolf, M.A. sein Argument der Sparsamkeit und des vermeintlichen betriebswirtschaftlichen „Missmanagements“ der vergangenen Jahre anzubringen.

Es kann jedoch angemerkt werden, dass in Abhängigkeit einer alternativen inhaltlichen Verwendung des Gebäudes vermutlich Subventionen seitens des Bundesdenkmalamtes, der Burgenländischen Landesregierung, der Bundesregierung (der Herr Bürgermeister sollte ja ausgezeichnete Verbindungen zum alten und vermutlich demnächst neuen Bundeskanzler haben und diese zum Wohle der Hornsteiner Bürger*innen nutzen können!) und auch der EU lukriert werden könnten! Ebenso denkbar wären Beteiligungen von Investoren an alternativen Vorhaben, die ausgehend von einer Gemeinwohlorientierung Lösungen für die gesamte Gemeinschaft Hornsteins ermöglichen könnten. All das wurde – zumindest nicht öffentlich wahrnehmbar – diskutiert.

Gleichzeitig wäre sofort ein Ideenwettbewerb einzuleiten, wie das gesamte Areal mit dem Zentrum »Alte Schule« im Sinne auch einer entsprechenden Raumordnungsperspektive als multifunktionale Begegnungszone seiner ursprünglichen Bestimmung nahegebracht werden kann. Es gibt dazu genügend Beispiele, wie ein Ortskern nachhaltig belebt werden kann (siehe hiezu unter anderem die Hefte „Gestalt(en)“ des Magazins für Bauen, Architektur und Gestaltung der Baudirektion von Niederösterreich). Zudem ist ist die äußerst erfolgreiche Arbeit der nonconform Ideenwerkstatt zu erwähnen. Deren Prozess zur gemeinschaftlichen Arbeit an Ideen bereits vielen Gemeinden preisgekrönte Konzepte beschert hat.

In Hornstein hatte die Einbindung der Bürger*Innen offenbar eher die Funktion eines Feigenblatts um sich den mühsamen Weg nachhaltigen Handelns zu ersparen.

Fragen zur Kündigungsmöglichkeit des BRV

Der BRV kann gekündigt werden, gemäß Punkt 2.3 des BRV allerdings aktiv eher nur einseitig, nämlich durch den Baurechtsnehmer!

Die Form der aktiven Kündigung für die Gemeinde ist hingegen unklar bzw. nicht eindeutig aus dem Vertrag herauszulesen! Sieht man sich den Baurechtsvertrag dahingehend genauer an, dann erkennt man, dass eine Kündigung für die Gemeinde vom Zahlungsausfall des Baurechtsnehmers abhängig gemacht wurde.

Punkt 2.3 des BRV besagt nämlich, dass der Grundeigentümer (Anm.: die Gemeinde) offenbar nur dann zur vorzeitigen Kündigung des Vertrags berechtigt ist, wenn der Bauberechtigte den Bauzins für einen Zeitraum von mindestens zwei aufeinanderfolgenden Jahren schuldet! Das entspricht dem Wesen des Baurechts (§4 Abs.2 des Baurechtsgesetzes). Aus unserer Sicht kann die Wahl der juristischen Form „Baurecht“ im Zusammenhang mit der Alten Schule nicht im Sinne der Gemeinde sein.

Bgm. Mag. Christoph Wolf, M.A. hat der Öffentlichkeit die Kündigungsmöglichkeit seitens der Gemeinde kommuniziert. Aus dem Vertrag ist dahingehend allerdings keine deutliche Form der Kündigung abzuleiten, sollte diese von der Gemeinde angestrebt werden.

Dieser relativ lange Zeitraum (2 Jahre zzgl. 6-monatige Kündigungsfrist!) erschwert im Falle einer vorzeitigen „Kündigung“ des Baurechtsnehmers (durch Zahlungsausfall) die Flexibilität seitens der Gemeinde bzgl. der Reaktion und Konzeption etwaiger Nachnutzungsvarianten, während die Gemeinde keinerlei Einkünfte durch den ausfallenden Baurechtszinns erhält und im Ungewissen über deren Einlangen bleibt.

Diese Situation ist aus heutiger Sicht zwar erst nach Tilgung der Schuld durch die erhaltene Vorauszahlung in der Höhe von €150.000,00 zu erwarten. Allerdings verbleiben dann immer noch mehrere Jahrzehnte, in dem der zukünftige Baurechtsnehmer diese dann noch verbleibende Laufzeit nutzen könnte, um die Gemeinde „hinzuhalten“, in dem der Baurechtszins doch, aber erst knapp vor Ablauf der 2-Jahres-Frist nachgezahlt wird. Das kann – rein theoretisch – laufend so erfolgen. Davor ist die Gemeinde jedenfalls nicht geschützt.

Somit entsteht eine ständige ungewisse Situation für die Gemeinde, in dem Sinne, ob mit einer Rückgabe (und damit zusammenhängenden Begleichung durch die Rücknahme) zu rechnen ist. Das ist ein erheblicher Nachteil und ein dauerhaftes Planungsrisiko, das vorweg (bei Vertragsabschluss) offenbar nicht ausgeschlossen oder zu Gunsten des Baurechtsnehmers in Kauf genommen wurde!

Kosten oder keine Kosten?

Quelle: Amtliche Mitteilung, Ausg, v. 7. Juli 2019, zugestellt per Post

Punkt 2.6 des BRV besagt, dass allfällige Kosten, die durch im Zuge des Bauvorhabens notwendigen Verlegung von Leitungen, Kanäle, Erdeinbauten, usw. anfallen, durch den Baurechtsgeber (die Gemeinde) übernommen werden.

Warum sollen derartige Kosten vom Baurechtsgeber (Gemeinde) übernommen werden? Bgm. Mag. Christoph Wolf, M.A. hat mehrmals (öffentlich) argumentiert, dass der Gemeinde keine Kosten entstehen werden („nur Vorteile“).

Wurden hier der Gemeinderat und die BürgerInnen vom Bürgermeister möglicherweise unvollständig informiert, um letztlich in überbordendem Aktionismus rasch und ohne viel Federlesens eine doch im Grunde zweifelhafte Maßnahme durchzuziehen?

Die Möglichkeit anfallender ungeplanter Kosten ist daher nicht aus- sondern eher einzuschließen. Auch die Situation des hinter dem Gebäude im Untergrund „eingebaut“ verlaufenden Ortsbaches birgt Potential um unabsehbare Kosten zu generieren. Wir verweisen auf die entstandenen Mehrkosten durch die Ortsbachsanierung im Zuge der Vorplatzgestaltung Rathaus im Jahr 2018/2019.

 

 

 

Auch in Punkt 5.1 des BRV werden Kosten für die Gemeinde sichtbar:

Sämtliche Kosten, Gebühren sowie eine Lastenfreistellung , die mit der Löschung des Baurechts verbunden sind, trägt der Baurechtgeber.

Weshalb trägt diese Kosten der Baurechtsgeber und weshalb sprach Bgm. Mag. Christoph Wolf, M.A. davon, dass das gesamte Projekt auf 100 Jahre keine Kosten generiert?

Verkauf des »Alten Schule«, zur Gänze oder in Teilen?

In Punkt 7.0 (7.1 bis 7.4) räumt die Gemeinde Hornstein dem Baurechtsnehmer das Vorkaufsrecht für die Grundstücke 357/8 und 354 ein!

Weshalb werden in den Punkten 7.1. und 7.2. wechselseitige Vorkaufsrechte zwischen Baurechtgeber und Baurechtnehmer vereinbart?

Daraus ist abzuleiten, dass die Gemeinde Hornstein den Verkauf des Grundstücks der unter Denkmalschutz stehenden „Alten Schule“ im Ortskern prinzipiell ermöglicht bzw. diese Möglichkeit vertraglich gar signalisiert. Bgm. Mag. Christoph Wolf, M.A. hat mehrfach betont, dass das Gebäude im Besitz der Gemeinde bliebe. Dies wird hiermit eindeutig relativiert.

Unter welchen Umständen der Verkauf ermöglicht werden soll, wird hier nicht weiter präzisiert. Dieser kann theoretisch jederzeit erfolgen, generell während des gesamten Vertragszeitraums, aber nicht erst danach.

Weshalb sind durch Bgm. Christoph Wolf, M.A. keine Vereinbarungen hinsichtlich einer Untersagung des Baurechtsnehmers das Baurecht bücherlich oder außerbücherlich zu belasten bzw. Nutzungsrechte an der Baurechtsliegenschaft an Dritte nur für die Dauer dieses Baurechtsvertrages einzuräumen erfolgt?

Warum wurde durch den Bürgermeister nicht dafür Sorge getragen, dass bei Beendigung dieses Baurechtsvertrages das Baurecht bei sonstiger Verpflichtung zur Leistung von Schadenersatz frei von bücherlichen und außerbücherlichen Lasten, so auch frei von sämtlichen Bestand und Nutzungsrechten Dritter an die Baurechtsbesteller übergeben wird im gegenständlichen Baurechtsvertrag, erfolgt?

In anderen Gemeinden (wir haben recherchiert) wird dies zu Gunsten der Gemeinde in sinnvoller Weise untersagt (siehe KG 03003 Amstetten EZ 94, Gst. Nr. 523 und EZ 2045, Gst. Nr. 525. In: Michael METZLER (2009): Kritische Analyse der Auswirkungen des Erlöschens eines Baurechtsvertrages auf das darauf begründete Baurechtswohnungseigentum. Diplomarbeit im Fachhochschul-Studiengang Immobilienwirtschaft der FH Wien der Wirtschaftkammer Wien. S. 68f.).

Über diese Initiative

Die Initiative Zukunft Hornstein ist ein Dialog- und Bürgerforum für die Menschen der Gemeinde Hornstein.

Wir sind ehrenamtlich engagiert und haben es uns zum Ziel gesetzt, die Entwicklungen in Hornstein zu verfolgen, darüber zu informieren, Ideen einzuholen sowie selbst einzubringen, kritisch zu hinterfragen und zur Diskussion zu stellen.

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