Seit Jahren wird über eine flächendeckende kassenärztliche Versorgung geredet, während immer mehr sogenannte Wahlarztpraxen aus dem Boden schießen. Ob in der Stadt oder auf dem Land, es ist mittlerweile überall schwierig, überhaupt einen Termin in einer medizinischen Kassenpraxis zu bekommen.
Knapp vor der Gemeinderatswahl hat nun der Hornsteiner Bürgermeister Christoph Wolf die Öffentlichkeit darüber informiert, dass er Gespräche mit dem Ärztekammerpräsidenten des Burgenlandes, Dr. Christian Toth, geführt hat. Gemeinsam soll ein Ersatz für eine der beiden Kassenarztstellen gesucht werden. Der Bürgermeister wünscht sich auch noch einen dritten Kassenvertrag.
Das wünschen wir uns alle. Jedoch geht das nicht ohne ÖGK, der österreichischen Gesundheitskasse. Denn ein Kassenvertrag wird, wie der Name schon verrät, mit der Krankenkasse abgeschlossen. Ärzt*innen ohne Kassenvertrag nennt man Wahlärzt*innen.
Kassenvergütung
Was sind eigentlich Wahlärzt*innen? Es handelt sich einfach um eine Privatpraxis. Die Patient*innen bezahlen den Preis, der als Entgelt zur medizinischen Leistung verlangt wird. Es gibt hier keinerlei festgesetzte Kostenobergrenzen. Was es allerdings gibt, ist dieses „Märchen“, dass von der Krankenkasse 80 Prozent der Kosten für die ärztliche Behandlung rückerstattet werden. Tatsächlich sind es aber 80 Prozent einer Kassenleistung, vom Preis dieser Kassenleistung.
Wenn also in einer Wahlarztpraxis eine Untersuchung gemacht wird und beispielsweise danach eine besondere Akupunktur, deren Wirkung nicht belegt ist, werden 80 Prozent für die Untersuchung rückerstattet. Und dann stellt sich die Frage, wieviel für die Untersuchung verrechnet wurde. Denn meist ist das deutlich mehr als die Kassenpraxis der Krankenkasse verrechnen darf. Somit kann es sein, dass bei diesem, hier beispielhaft dargestellten Ordinationsbesuch 150,00 Euro zu bezahlen wären und nur 7,90 Euro seitens der ÖGK rückerstattet werden könnten.
Mittlerweile gibt es wesentlich mehr Wahlärzt*innen als Kassenpraxen. Offensichtlich ist die Privatpraxis für Ärzt*innen die attraktivere Form. Man verdient wohl mehr und hat nicht so viel Aufwand und Stress, wie mit einer Praxis mit Kassenvertrag.
Auswirkungen für die Patient*innen
Für die Patient*innen sind das keine guten Aussichten. Daher muss schnell etwas geschehen, damit sich mehr Mediziner*innen für eine Kassenpraxis entscheiden. Im Burgenland wird jungen Menschen, die sich für einige Jahre für eine Kassenpraxis verpflichten, das Medizinstudium bezahlt. Dies ist eine gute Sache.
Insgesamt muss die Kassenordination wieder attraktiver gemacht werden. Gemeinschaftspraxen, Teilzeitmodelle und weniger Bürokratie sind nur einige Forderungen um entsprechende Anreize zu schaffen. Als junge Mediziner*in tut man sich schwer, eine Ordination zu gründen. Oft müssen riesige Beträge in Form von Krediten aufgenommen werden um sich in der eigenen Praxis überhaupt niederlassen zu können. Daher gibt es in vielen Bundesländern Förderungen für Ordinationsgründungen.
Gescheiterte ÖVP-FPÖ-Kassenreform
Eigentlich wäre es die Aufgabe der ÖGK, im Sinne der Versorgung der Versicherten attraktive Modelle für niedergelassene Kassenärzt*innen zu entwickeln. Doch da tut sich scheinbar nichts. Obwohl die ÖGK für den niedergelassenen Bereich zuständig ist, müssen die einzelnen Bundesländer und Gemeinden sehr viel Geld zur Unterstützung von neugegründeten Kassenordinationen bereitstellen. Die von der gescheiterten türkis-blauen Bundesregierung versprochene Patientenmilliarde war von Anfang an ein Hirngespinst. Heute ist es „amtlich“. Es wurde durch die Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen nichts eingespart, sondern noch viel mehr Geld ausgegeben (jedoch nicht für die Patient*innen). Aus der versprochenen „Patientenmilliarde“ wurden letztlich 214,95 Millionen Euro Mehrkosten. Nichts wurde gespart. Im Gegenteil. Dies rechnete unlängst der Rechnungshof in dessen Rohbericht zur Sozialversicherungsreform vor und sogleich mit der Sozialversicherungsreform der ÖVP-FPÖ-Koalition hart ab.
Wer glaubt, im Gesundheitswesen sparen zu wollen, schadet den Kranken. Das hat die Pandemie deutlich gezeigt. In Ländern mit kaputt gesparten Spitälern gibt es die meisten Toten. Dort, wo Spitäler privatisiert wurden, wird gewinnorientiert gearbeitet. Die Klinikleitung schreibt vor, wie lange jemand mit Lungenentzündung im Spital bleiben darf. Der Gewinn steht im Mittelpunkt, aber nicht die Patient*innen.
Daher ist in der Gemeinnützigkeit der burgenländischen Pflegeeinrichtungen ein großer Fortschritt zu sehen. Gesundheit und Pflege müssen für alle Menschen erreichbar sein, unabhängig von ihrem Einkommen.