Der Kleingeist sitzt in mir. Die Rabatte stehen mir auf dem Schädel eingraviert. Wir trennen ab, wir begrenzen, wir kasteln ein, wir machen alles klar, wir entscheiden nicht mehr, um zu unterscheiden, wie und was wir wollen. Es wird uns gesagt, wo Licht und wo Dunkel ist.
Im Dorf sind wir längliche Zierpflanzen, gepflanzt zwischen Steinen im Gebirge des Burgenlandes. Wir verwechseln Kultivierung der Natur mit ins Gefängnis setzen und stecken. Die Komposition der Pflanzung erfolgt nach sozialpolitischen und nach veralteten landschaftsgestalterischen Gesichtspunkten. Ich ziehe eine Linie durch die Wiese am besten mit dem Laser und betoniere hier, pflastere dort, setze dazwischen einen Randstein und lasse rundherum ein bisschen Grün, wo nicht ein Parkplatz gewünscht ist – Bürgernähe ist immer das Wichtigste und Autos sowieso, das heißt Orte für die „Mobilitätspossibilitäten“ schaffen zum Wohle der Anrainer. Der nächste Wolkenbruch wird direkt in den Kanal (oder ins Rathaus) fließen, wir haben dem Wasser ja perfekte Rutschen gebaut. Aber wir wollen genau sein, Unschärfen sind gefährlich, für uns, für unsere Wiederwahl, aber wir denken an das Wohl aller.
Ich bin ein Kleinbürger, ich baue Hochbeete für meine Familie und mich. Ich besinne mich und versuche seit fast dreißig Jahren den Charakter dieses Dorfes zu verstehen. Vielsprachigkeit und Diversität werden in letzter Zeit nur mehr auf dem Papier geschätzt, das gibt was her für Jubiläen und damit hat sichs. Der etwas schäbige Charme, dieses nicht so perfekte aber liebenswerte Etwas wird ausgemerzt, entfernt, mit Meister Propper ausgelöscht, die alten Nussbäume und Zwetschgenbäume auf dem Dorfplatz kommen auch nicht mehr zurück (gewachsene Jahrzehnte können wir bewusst sehr schnell killen – natürlich immer nur unter der Prämisse , es muss sich etwas ändern, die Jahrzehnte der Gleichmacherei haben uns schon lange viel zu sehr geschmerzt). Die Erinnerung an die Kühle im angestaubten, feuchten Park neben der alten Schule wird hinweggebrannt von Betonsteinen und ein bisschen Grün, das niemand nutzen kann und will, weil es so heiß ist.
Das Dorfhübschmachen ist ein Höhepunkt dieser grenzenlosen Idiotie. Wir lieben die jungen Bäume, die viel zu eng in Reih und Glied gepflanzt sind (sie gaukeln uns Schatten und Klimaschutz perfekt vor) und die Parkraumbewirtschaftung, jedem Bürger stehen doch wohl mindestens zwei Parkplätze in Hausnähe zu (ein bisschen Unterschied zur Großstadt muss am Land doch sein).
Wir bedienen uns derselben beschränkten Medien mit vielen Fotos, wünschen einfache Erklärungen für komplexe Verhältnisse, glauben an Gott, den Bundeskanzler und den Bürgermeister und freuen uns über ein neues Blumenkisterl.
Wenn diese beängstigenden Verhältnisse nicht schon vor hundert Jahren eindringlich beschrieben worden wären, könnten wir ja sagen, wir sind unwissend ins Verderben gestürzt!